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Ii. §. 3. Das Hervortreten der geschichtlichen Völker.
§. 3. Das Hervortreten der geschichtlichen Völker.
Von nun an bekommt die Geschichte der Menschheit einen be-
stimmten Kern und Mittelpunkt, um den sich Alles, wenn auch unbe-
wußt, wie um seine Sonne dreht — das ist das Volk Gottes, zu-
nächst Abraham's Same. In dem Maße, wie die übrigen Völker
mit diesem Volk Gottes in Berührung kommen, gewinnen sie Bedeu-
tung für die allgemeine Geschichte. Je weiter sie von ihm entfernt
liegen, desto mehr bleibt über ihre Entwickelung und Geschichte tiefe
Nacht und Nebel ausgebreitet; und die allgemeine Weltgeschichte
übergeht sie mit Stillschweigen. So scheiden sich sofort von selber
aus: die meisten Völker Japhet's im hintern, östlichen und nörd-
lichen Asien, auch das indische und chinesische, nicht minder die alten
Völker des nördlichen Europa, und fast alle Nachkommen Ham's.
Nur diejenigen Völker und Staaten, welche zwischen dem k a spi scheu
und persischen Meer, und in den Uferländern des mittelländi-
schen Meeres wohnen, also die um das Land Canaan wie um
ihren geographischen Mittelpunkt herumliegen, kommen demnächst für
die Weltgeschichte in Betracht, und zwar bis auf die Aufrichtung
des Reiches Christi ausschließlich nur diese: also Aegypten und
Syrien, die Länder und Völker am Eufrat und Tigris und in
Persien, und die griechischen Völker in Asien und Europa, zu
denen erst ganz zuletzt auch noch die Römer sich gesellen.
Nachdem aber Christus der Herr auf Erden erschienen und von
den Juden verworfen ist, versetzt sich die Weltgeschichte auf einen
ganz andern Schauplatz, von Osten nach Westen und Norden. Statt
Jerusalem wird Rom der Mittelpunkt des Königreichs Christi
und damit auch zugleich den Mittelpunkt, um welchen die Geschichte der
fünfzehn folgenden Jahrhunderte nach Christo sich dreht. Deutsch-
land aber ist es, und die germanischen Völker, welche dieses Rom
mit ihrem Herzblut nähren, und da der aus Aberglaube und Herrsch-
sucht aufgebaute Papstthron endlich erschüttert wird und das Papst-
reich zerbricht, bleibt Deutschland das Herz, von dem die näh-
renden Säfte in alle Glieder der europäischen Christenheit überströ-
men, und das deutsche Volk daö Volk der Wahl aus Japhet's
Stamme; gleichwie Israel, das nun zersprengte und zertretene, aber
zu einer herrlichen Wiederherstellung aufbewahrte Israel das Volk
der Wahl aus Sem's Geschlechtern war und als solches auch der-
einst noch wiederum erscheinen wird. Um Deutschland her lagern
sich die übrigen losgerissenen Theile des alten Papstreichs. Nach
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Extrahierte Personennamen: Christus
Extrahierte Ortsnamen: Gottes Gottes Europa Christi Syrien Persien Asien Europa Christi Christo Deutschland Israel Israel Deutschland
50
V. §. 5. Israel und die Syrer.
so der verführerischen Nachbarschaft der Moabiter und Ammoniter.
So ließe es sich auch noch leichter erklären, daß sie nicht weiter mit
Israel zusammentreffen.
§. 5. Israel und die Syrer.
Auch in dem syrischen Lande wohnte noch ein mit Israel ver-
wandtes Geschlecht. Kemuel,der Sohn Nahor's, heißt 1 Mos. 22,
21 der Stammvater dersyrer. Laban, der Bruder der Rebecca
und Abraham's Neffe, wird 1 Mos. 31, 20. 24 ausdrücklich ein
Syrer genannt. Er hatte eine zahlreiche Verwandtschaft, die er auf-
bot, um den fliehenden Jacob zu verfolgen, 1 Mos. 31, 23 ff.
Schon hing sein Herz an den Götzen, wenn er auch den Gott seiner
Vater noch kannte und ihm die Ehre gab. Etliche Jahrhunderte
später finden wir den Syrer Bileam am Eufrat noch ungefähr in
derselben Herzensstellung. Laban hatte sich mit dem syrischen Volk
schon so weit gemischt und von dem hebräischen so weit geschieden,
daß er auch die syrische Sprache annahm (1 Mos. 31, 47). Er
sah selber voraus, daß der Bruch zwischen seinem und Jacob's Ge-
schlecht unheilbar sei, und suchte beim Abschied von seinem Eidam
und seinen Töchtern noch einen Vertrag aufzurichten, durch welchen
der Beginn der Feindseligkeit zwischen beiden Geschlechtern so weit
wie möglich hinausgeschoben würde (1 Mos. 31, 51—54). Wirk-
lich hatten beide Völker, Israel und die Syrer, nahe an 600 Jahre
Frieden unter einander. Erst zu David's Zeit begann der
Kampf. Mehrere syrische Grenzländer wurden von ihm unterjocht.
Aber unter den späteren Königen machten sich die Syrer von der
Herrschaft Jsrael's wieder los, und wurden dann den jüdischen Rei-
chen sehr gefährlich, besonders dem Reich der nördlichen Stämme,
welches eine Zeitlang fast völlig von ihnen überwältigt war. Wegen
der Grausamkeit, welche die Syrer (namentlich die von Damascus)
damals gegen das jüdische Land übten, kündigten die Propheten
ihnen Strafe an, nämlich eine gleiche Verwüstung durch ein fremdes
Volk (Amos 1, 3—5. Jes. 17, 1 — 3. Jer. 49, 23—27). Wie
solches denn auch durch die Assyrer und Babylonier wirklich
geschehen ist. Die Götter der Syrer, welche Nicht. 10, 6 und
2 Chron. 28, 23 erwähnt werden, kennen wir nicht im Einzelnen.
Der Name des Gottes Rimmon, welcher 2 Kön. 5, 18 vorkommt,
giebt uns keinen Aufschluß. Ohne Zweifel war der syrische Götzen-
dienst gleichartig dem phönizisch-babylonischen, dem sich alle bisher
genannten Völker anschlossen, eine Verkörperung der Naturgewalten,
welche unter dem weitverbreiteten Namen Baal und A.starot oder
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Extrahierte Personennamen: Rebecca Jacob Eidam Damascus
Extrahierte Ortsnamen: Israel Israel Israel Israel Gottes_Rimmon
Iii. §. 4. Unglaube und sittliches Verderben der Aegypter. 27
Aufwallungen einer finstern Grausamkeit vorzuwerfen hat. In kühler
staatsmännischer Ueberlegung und unter Zustimmung seines ganzen
Volks beschließt er die himmelschreiende Greuelthat. Aus den Denk-
mälern finden sich genug ähnliche Beweise solch stolzer Härte gegen
die Gefangenen und Ueberwundenen. Die Sieger lassen sich die
abgeschnittenen Hände oder andere Glieder der Besiegten einzeln zu-
zählen und aufnotiren. Ließ doch Sesostris die unterworfenen
Könige vor seinen Wagen spannen! In allen ihren Reden findet
sich die ungemessenste Hoffart wieder. Sie selber, die Könige, sind
Götter, ja Götter dienen ihnen, und die ganze Natur gehorcht ihren
Winken. Da kann es uns denn nicht Wunder nehmen, was vom
Menephtes (Amenophis), dem Sohn des vielberühmten Ramses,
erzählt wird, der nach seines Vater Tode den Pharaonenstuhl bestieg.
Eben das ist nämlich der König, der in gottlosem Trotz, in rasender
Wildheit, in hartnäckiger Verstocktheit gegen Gott kämpft, wie die
heilige Geschichte (2 Mos. 3—14) in ausführlicher und erschüttern-
der Weise berichtet, und der endlich mit aller seiner Herrlichkeit in
den Fluthen des rothen Meeres unterging (1314 v. Ehr.).
Selbst heidnische Schriftsteller schildern uns den Pharao Meneph-
tes als einen überinüthigen, gottlosen, dafür auch mit Blindheit ge-
straften König. Hat sich Gott je an einem Land und Volk als der
lebendige Gott, der Rächer und Richter seines Volkes in unmißver-
stehbarer Weise geoffenbart, so war es an diesem König und seinen
Weisen und allen seinen Unterthanen geschehen. Man sollte meinen,
sie hätten es mit Händen greifen können, daß sie es mit dem allmäch-
tigen Gott zu thun hatten. Und sie begriffen es auch, das Volk, die
Weisen, selbst der König (2 Mos. 8, 19. 10, 7. 11,3. 12, 33. 36).
Aber darin gerade zeigte sich der hochmüthige Trotz des widergött-
lichen Sinns, daß er auch dem erkannten Gotte zu widerstehen wagte,
daß er der göttlichen Allmacht seine menschliche Ohnmacht entgegen-
stellte, und, immer wieder zu Boden geworfen, immer wieder in
größerer Erbitterung auf die Füße sprang, und nicht eher abließ, als
bis er zu Grunde gegangen war. Die Geschichte dieses beispiellosen
Kampfes zwischen dem allmächtigen Gott und einem verstockten mensch-
lichen Gewalthaber, die vorbildliche Geschichte aller nachfolgenden anti-
christlichen Mächte, muß man in der heiligen Erzählung selbst Nach-
lesen, sie verträgt keine ungeweihte Darstellung. Es scheint doch, als
wenn das gewaltige Ereigniß einen tiefen Eindruck aus die Aegypter
gemacht habe, als wenn die Regierung des nächstfolgenden König
Ramses Iii. (Rhampsinit) einen etwas maßvollern, gottesfürch-
tigern Charakter gehabt habe. Aber dieser heilsame Eindruck kann
nicht lange vorgehalten haben. Schon unter seinen nächsten Nachfol-
gern sank das ägyptische Reich in Lurus und Unthätigkeit und ging
allmälig mit immer schnelleren Schritten rückwärts, bis es nach einer
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Extrahierte Personennamen: Amenophis) Amenophis Ramses Ramses
Vii. §. 2. Die einzelnen Bestandteile des Weltreichs und deren Mischung. 71
Herrn gemacht. 1 Mos. 10, 8 — 12 wird diese merkwürdige
Thcttsache berichtet, nämlich, daß eine hamitische Dynastie über
semitische und weiterhin auch über japhetitische Stamme die
Herrschaft gewinnt und sie zu einem gewaltigen Reich mit hamiti-
schen (schon bei Aegypten betrachteten) Staatsformen, Gottesdienst
und Lebensweise unter seinem Scepter vereinigt.
Auf keinem andern Gebiete der Welt finden wir eine ähnliche
Mischung aller drei verschiedenen Schichten des Menschengeschlechts
wieder, wie in den bezeichneten Länderstrecken zwischen dem kaspischen
und persischen Meer. Hier lagerte sich gleichsam das ganze Heiden-
thum ab. Jeder Hauptstamm gab seinen Beitrag und Alles schmolz
zu einem großen, riesigen Organismus zusammen. Bemerken wir die
Art der Zusammensetzung. Den Kern bildeten die Semiten, das
ernste, ruhige, einfache, den unsichtbaren Dingen zugewandte Geschlecht,
aber bereits getrennt von dem Volk der Wahl, dem Offenbarungsvolk
Israel, und selber in Abgötterei zurücksinkend. Neben ihnen die Ja-
phetiten, das bewegliche, thätige, vielgewandte, den Dingen dieser
Welt zngekehrte Geschlecht, welches aber doch einen innersten Zug zu
den Hütten Sem's hin, zur Beschäftigung mit himmlischen Dingen nie
verleugnen kann, das Volk unruhiger und unbefriedigter Sehnsucht,
darum kriegerisch, veränderungssüchtig, forschungslustig, in den man-
nigfaltigsten Formen und Gestaltungen die ganze Nordhälfte der alten
Welt mit politischen, sprachlichen, künstlerischen, gesellschaftlichen Neu-
schöpfungen erfüllend. Und zu diesen beiden Elementen endlich das
dritte, die Hamiten, das leidenschaftliche, grausame, genußsüchtige, in
kolossalen Anstrengungen sich verzehrende Geschlecht, zuerst von allen
gereift zu üppiger Cultur, gegliederten Staatsformen, Kunst und
Weisheil; aber unheimlich in seiner glühenden Phantasie, in seinem
trotzigen Streben, die Gottheit selber in die materielle Welt einzu-
schließen, Menschen zu Göttern zu machen oder doch mit göttlicher Hei-
ligkeit zu umkleiden und in dem Gottesdienst selber die roh-sinnliche
Lust und Genußgier zu befriedigen. Für sich allein stehend, mußte die
schnell zur höchsten Ueppigkeit herangereifte hamitische Cultur durch die
innere leidenschaftliche Gluth und Hast sich bald in sich selber verzeh-
ren (wie solches z. V. in Aegypten der Fall war). Aber in Babylon
und Assyrien fand der gewaltsame hamitische Vildungstrieb an der
semitischen Bevölkerung eine zähe Masse, die er nur langsam be-
wältigen und durchdringen konnte, und die zugleich mäßigend und er-
nüchternd auf die gewaltthätige Hast und überstürzende Neuschöpfungs-
und Gestaltungslust eines Nimrod und seiner Schaaren zurückwirkte.
Weiter aber entbehrte ein rein hamitischer und nicht minder ein rein
semitischer Staat fast ganz des kriegerisch nach außen vordringenden,
eroberungslustigen Elements, welches zugleich Geschmeidigkeit genug
besitzt, um auch auf fremde Entwicklungsformen leicht einzugehen und
sie sich anzueignen. Darum that die Beimischung der ja phetitisch en
Völker noch. Wir sehen, was irgend von natürlichen Kräften und Be-
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Extrahierte Ortsnamen: Offenbarungsvolk
Israel Assyrien
* Vii. §. L. Entstehung und früheste Erscheinung des asiatischen Weltreichs. 60
reiches allezeit hinderte, hatte in den weiten Gebieten zwischen dem
kaspischen Meer und dem persischen Busen sich von Alters her eine
Herrschermacht festgesetzt, welche eine große Anzahl verschiedener
Völker, Könige und Geschlechter unter ihrem Scepter vereinigte und
über ein buntscheckiges, aus vielen Sprachen und Nationen zusam-
mengestücktes Reich ihre Befehle und Einwirkungen ausgehen ließ.
Ein solches Reich nennen wir mit jetzt allgemein angenommenem
Namen ein Weltreich.
Das älteste Weltreich hatte seinen Mittelpunkt und Schwerpunkt
in den genannten Gegenden am Eufrat und Tigris, und die Städte
Ninive, Babylon, Susa waren nach einander die Sitze der jedesma-
ligen Herrscher. Denn die Gestalt, die Ausdehnung, das Herrscher-
volk und die Herrscherfamilie dieses Weltreichs wechselten oft, wie-
wohl Kern und Wesen im Ganzen dasselbe blieb. In späteren Jahr-
hunderten rückte dies Weltreich viel weiter nach Westen vor und
veränderte dadurch seinen Charakter, mischte sich mit dem occidenta-
lischen Wesen unter griechisch-macedonischer Herrschaft und verpflanzte
sich endlich ganz nach dem Occident hinein im römischen Reich. Von
diesen Wandlungen der heidnischen Weltmacht erhalten wir im Daniel
2 und 7 eine wunderbar großartige Darstellung. Aber das assyrische
Reich, als zur Zeit des Daniel schon vergangen, wird in jenen Ca-
piteln nicht mehr erwähnt. Es brauchte auch nicht erwähnt zu wer-
den, weil es ja in seinem ganzen innern Wesen noch mit dem ba-
bylonischen eins, und das babylonische nur eine Fortsetzung des assy-
rischen Weltreichs ist. Da aber, wo die Zahl aller auf einander
folgenden Weltmächte genau angegeben werden soll, wie Apok. 13
und 17, werden, statt der vier Weltmonarchieen bei Daniel, sieben
gezählt: eine Zahl, die nur dann herauskommt, wenn auch das assy-
rische als eine besondere Form des asiatischen Weltreichs anerkannt
wird.
Die früheste Entwicklungsgeschichte dieses uralten Weltreichs ist
eben so dunkel und unklar, wie die Urgeschichte des Gottesreichs
(Israel) klar und offenbar ist. Denn was aus dem sündlichen Boden
des gottentfremdeten Völkergewirres aufsteigt (die Schrift nennt es Völ-
kermeer), vermag nur das von Gott geschärfte und erleuchtete Auge eines
heiligen Sehers sofort in seiner Eigenthümlichkeit und Bedeutung
zu erkennen und in seiner Schilderung auf entsprechende Weise wieder-
zugeben. Wie kein unerleuchtetes Auge den leisen Anfang des Reiches
Gottes in der Ausführung Abraham's nach Canaan würde erkannt
oder auch nur geahnt haben, eben so wenig vermochte es die Anfangs-
punkte und Entwicklungsepochen des großen Weltreichs zu unterschei-
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Extrahierte Personennamen: L. Daniel
Extrahierte Ortsnamen: Ninive Occident Israel Gottes
Vii. §. 4. Prophetische Verkündigung und Gottesgericht in Ninive. 73
Nach der Erwähnung des gewaltigen Nimrod des Kuschiten,
des Gründers und Bildners jener östlichen Monarchie, wird das wilde
Wogen des heidnischen Gesammtstaates uns zuerst wieder 1 Mos- 14
dargestellt, wo Kedorlaomer mit seinen Vasallenfürsten das Land
östlich und südlich von Canaan bekriegt, Sodom beraubt und auf sei-
nem stegreichen Heimzuge von Abraham überfallen wird. Dort wird
Kedorlaomer, der Fürst von Elam, deutlich als der Oberherr der
übrigen Könige, die mit ihm waren, bezeichnet. Es ist also inzwischen
die kuschitische Dynastie des Nimrod abgetreten und eine elamitische
hat jetzt die Obergewalt. Ihr dienen die Könige von Sinear
(Babylonien), Classar (Assyrien) und die noch entfernter woh-
nenden Heidenvölker im Osten, deren Namen die alte Urkunde
nicht mehr aufbehalten hat. Elam war durch Sinear und Assur von
den cananitischen Ländern so völlig getrennt, daß es gar keine Veran-
lassung, ja keine Möglichkeit zum Kampf wieder dieselben gehabt hätte,
wenn ihm nicht sämmtliche Zwischenländer dienstbar gewesen wären.
Wie wir aus 1 Mos. 14, 4 sehen, hatte das Weltreich schon 12 Jahre
vorher die Landschaften mit Jordan sich unterthänig gemacht. Seit
dem üblen Ausgange dieses letzten Feldzugs aber scheint der Eufrat
wiederum die'westliche Grenze des großen Heidenreichs gebildet zu ha-
den; denn ungehindert sahen wir Amoriter, Ammoniter, Moabiter sich
am östlichen Ufer des Jordan ausbreiten, ohne von den Herrschern
des Weltreichs daran gehindert zu werden oder auch nur mit ihnen in
Berührung zu kommen. Erst nach einer Zwischenzeit von 800 Jahren
trat, wie wir oben (S. 51) sahen, wieder ein König von Mesopotamien
in der Geschichte des Volkes Gottes auf und plagte das abgöttische Israel
acht Jahre. Aus der biblischen Erzählung geht hervor, daß der
König von Mesopotamien nicht zugleich der Oberherr des ganzen östli-
chen Weltreichs war, wie der vorhin genannte Kedorlaomer, son-
dern etwa ein Vasall des östlichen Herrschers, der hier auf eigne Hand
Krieg führte gegen seine westlichen Nachbarn. Dürfen wir den Resul-
taten neuer Forschungen Glauben schenken, so war Cu fan Risa-
th aim ein Herzog oder Unterkönig des assyrischen Oberherrn M ino t-
scher I. (gewöhnlich Ninus) und hat etwa 1230 v. Chr. gelebt und
Palästina bedrängt (vgl. Nicht 3, 8. 10).
8. 4. Prophetische Verkündigung und Gottesgericht in
Ninive.
Was die spateren Griechen von den Kriegs- und Eroberungs-
zügen des Ninus (bis an den Indus, Orus und Tanais), von der
noch größern Thatkraft seiner Gemahlin Sem trami s und ihrem
Sohn, dem weichlichen Niny as mit seinen 30 Nachfolgern erzählen,
können wir füglich übergehen, da es augenscheinlich nur fabelhafte
Traditionen sind, aus denen wir den Wahrheitskern nicht mehr her-
ausschälen können. Dagegen tritt uns in der heiligen Schrift eine
durch das Wort der Wahrheit verbürgte höchst wunderbare Erzäh-
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Extrahierte Personennamen: Abraham Elam Heidenreichs Niny
96 Vili. §. 8. Wiederabfall der Könige Babel's von dem lebendigen Gott.
§. 8. Wiederabfall der Könige Babel's von dem lebendi-
gen Gott.
Von dem Tode Nebueadnezar's (561) bis zum Untergang
seineö Geschlechts und der Zerstörung der babylonischen Weltherr-
schaft verflossen noch 23 Jahr. Es war nur eine Gnadenfrist, denn
der Untergang Babylon's war bereits lange zuvor beschlossen. Mochte
auch Israel noch so verschuldet und gottlos gewesen sein, mochte auch
Assur und Babel nach dem. Rath und Willen Gottes das Strafur-
theil an ihnen vollstreckt haben, so war doch Babylon eben so sehr
wie Assur im Uebermuth des eignen Herzens an das Zerstörungs-
werk gegangen. Da mußte der Herr der ganzen Welt zu erkennen
geben, daß nicht die Unwiderstehlichkeit der Sieger, sondern allein der
Rathschluß des Herrn Jerusalem vernichtet habe, und daß die Hand
des Herrn auch jetzt noch nicht verkürzt sei, seinem Volke zu helfen
und Rache zu üben an dessen Feinden. Wie deshalb Assur's Unter-
gang rasch auf Eamaria's Zerstörung gefolgt war, so folgte jetzt
Babel's Untergang rasch auf Jerusalem's Zerstörung. Das hatte
schon 200 Jahr zuvor Jesajas verkündigen müssen (Jes. 47; vgl.
Jes. 13. 14. 21, 9) und hatte dabei alle Weisen und Sternseher in
Babylon herausgefordert, ob sie etwa auch das Schicksal ihres Volkes
und Reiches vorhersehen und sagen könnten? War damals ja doch
noch gar kein Gedanke an die Oberherrschaft Babel's über Assur und
die Zerstörung Jerusalem's durch die Chaldäer. Aber wer Ohren
hatte für des Herrn Wort, der sollte es Alles erfahren, auf daß,
wenn es nun geschehe, er wisse warum und wozu, und was dar-
auf folgen werde. Hundert Jahr schwieg dann, die Weissagung wi-
der Babel. Aber als sie nun dastand in allem ihren Stolz und
allem ihren Geiz, in all ihrer Ueppigkeit und all ihrer Härte gegen
die Besiegten, die große Weltbeherrscherin, da ertönten die Drohungen
der Propheten schärfer, gewaltiger auf's Neue, und bestätigten und
verschärften die alte Verkündigung, die fast vergessen war. Ja noch
mehr: nachdem Jeremias die schwere Last über Babel's Haupt ge-
wälzt hat (Jer. 50 und 51), gebietet er dem Sera ja, alle diese
Worte in Babel selber aus dem Buche vorzulesen, und dann einen
Stein an das Buch zu binden und es in den Eufrat zu werfen, und
zu sprechen: also soll Babel versenkt werden und nicht wieder auf-
kommen. Aber in Babel war kein Erschrecken und Bußethun, wie
zu Jonas Zeiten in Ninive. Auch die heilsamen Eindrücke, welche N e bu-
ca due zar's Edict vielleicht gemacht hatte, waren bei dem großen
Haufen bald wieder verschwunden, und nach dem Bericht aller Heid-
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Extrahierte Personennamen: Babel Jonas
Extrahierte Ortsnamen: Israel Assur Gottes Assur Assur Ninive
Vil §. 5. Auflösung des Zehnstämmereichs durch Affur (720 v. Ehr.). 75
in die göttliche Leitung der Weltgeschicke immer von höchster Wichtig-
keit. Denn wir ersehen daraus, daß obgleich der Herr diese Heiden-
reiche ihre eignen Wege gehen läßt und stch ihren irregeleiteten Augen
gänzlich entzogen hat, er doch mit göttlichem Erbarmen über ihre Ent-
wickelung wacht. Wo ihr Weg sich allzusehr in Bosheit verkehrt und
er genöthigt ist, mit seiner Zornesruthe zuzuschlagen, da kann er es
doch nicht über das Herz bringen, sie ungewarnt und unvorbereitet
zu überfallen, sondern holt aus dem fernen Gottesvolk, welches ja
aller Welt ein Segen sein soll, den faulen widerspenstigen Knecht her-
bei, der noch den letzten Warnungsruf muß ergehen lassen. Warum
aber will dieser Knecht nicht gehen und die Botschaft ausrichten? Weil
er selber nichts lieber gewünscht hätte als die Zerstörung Ninive's.
Er will nicht Ursach werden ihrer Rettung und Erhaltung. Denn
vor seinem prophetischen Blicke liegt ja schon die jammervolle Zukunft
Jsrael's ausgebreitet, und er weiß, daß es seiner Selbständigkeit be-
raubt, gefangen und zerstreut werden soll unter die Heidenvölker durch
Niemand anders als durch die Könige von Ninive, von Assur (vgl.
Jes. 10, 5).
Wie merkwürdig aber, daß Ninive wirklich der Stimme des Pro-
pheten Gehör giebt, daß der König selbst der Erste ist mit dem Sün-
denbekenntniß und der Umkehr „von dem bösen Wege und dem Frevel
seiner Hände." Welch eine Macht des Gewissens, welch eine Furcht
vor Gott! Man wird unwillkürlich an die Geißlersahrten des Mittel-
alters erinnert. Der Herr selbst hält diese Buße der Niniviten den
Juden als ein anklagendes Beispiel vor Augen (Luc. Ii, 30. 32).
Und wenn wir aufmerken, treffen wir auch im Lauf der folgenden
Jahrhunderte in diesem östlichen Weltreich immer einen tiefen Respect
vor dem lebendigen Gott und seinen Boten. Da wo die Assyrer
z. B. dem König Hiskia Vorhalten, daß sein Gott ihm nicht helfen
werde, sagen sie nicht etwa, daß sein Gott nichtig sei, sondern daß das
Volk Israel selber ihn verlassen und beleidigt, und daß Gott selber den
Assyrern befohlen habe, wider Jerusalem herauf zu ziehen (Jes. 36, 7.10).
Wir erkennen schon hier, daß dies mit semitischen Bestandtheilen so
stark versetzte Ostreich von ganz anderer Gottesfurcht erfüllt ist, als jenes
hamitische Mizraim mit seiner selbsterwahlten Weisheit. Dort hieß es
umgekehrt: wer ist der Herr, deß Stimme ich hören müßte, ich weiß
nichts von dem Herrn, will auch Israel nicht ziehen lassen (2 Mos.
5, 2). Solcher Ton trotziger Lästerung tritt uns, wenigstens in der
ältern Zeit, in Asien nie entgegen.
§. 5. Auflösung des Zehnstammereichs durch Assur
(720 v. Chr.).
Der Zustand der Schwache, in welchen das assyrische Reich durch
diese Revolution versetzt war, kann nicht lange gewährt haben. Schon
im folgenden Jahrhundert (nach 800) finden wir Medien wieder unter
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Extrahierte Personennamen: Luc König_Hiskia
Extrahierte Ortsnamen: Wichtig- Ninive Assur Ninive Israel Israel Asien Assur
98
Viii. §. 9. Die Trümmer Babylon's.
§. 9. Die Trümmer Babylon's.
Die Stadt Babylon ward bei dieser Eroberung durch die Meder
nicht selber schon zerstört. Erst später bei einem Aufstandsversuch
ließ der Perserkönig Darius Hystaspes die Mauern abtragen,
die Gräben zuwerfen und die Stadt entvölkern. Doch seine Nachfolger
wendeten der Stadt mehrentheils wieder ihre Gunst zu und machten
sie zu ihrer Winterresidenz. Dann sollte Babylon noch einmal eine
kurze Glanzzeit erleben unter dem großen Eroberer Alexander, der
sie zu seiner Residenz und zum Mittelpunkt seines ungeheuren Reiches
machen wollte. Schon begann er Hunderttausende von Menschen zur
Wiederausrichtung der gesunkenen Prachtbauten, Tempel und Paläste
zu verwenden. Aber es war ja nur noch eine Gnadenfrist für Ba-
bylon bisher gewährt, und Babylon hatte sie nicht benutzt. Wie
hätte ein armer Sterblicher den Fluch Gottes, der auf Babel lag,
zerbrechen können? Vielmehr der Fluch zerbrach ihn selber, und er
ward mitten unter seinen stolzen Plänen eilends hinweggerafft. Jetzt
sank auch die übermüthige Stadt unaufhaltsam in Trümmer. Um
die später in der Nähe erbauten griechischen und saracenischen Städte
aufzurichten, wurden die Schlösser und Hallen Babylon's abgetragen
und ganze Schiffsladungen von Mauersteinen und Werkstücken weg-
geführt, und dies Zerstörungswerk dauert noch bis heute fort. Und
doch sind noch unermeßliche Ruinen stehen geblieben. In wüster
Einsamkeit ziehen sich diese Schutthügel meilenweit am Ufer des
Eufrat dahin. Reisende können nicht schauerlich genug die grausige
Einöde beschreiben, da Jes. 13, 19 ff. Jer. 51, 37. 43 nur zu genau
in Erfüllung gegangen ist. „Kein Gräschen," so lautet eine Be-
schreibung, „kein Buschwerk sieht man da. Man erblickt in der ewig
feierlichen Stille den weithin ziehenden breiten Spiegel des Eufrat,
der voll stiller Majestät jene Einsamkeit durchwandert, wie ein könig-
licher Pilger durch die schweigenden Ruinen seines gesunkenen Reichs.
Die Paläste und Tempel sind in Schutt und Graus zerfallen; statt
der hängenden Lustgärten und blühenden Paradiese bedecken graue
Rohrwälder die sumpfigen Uferstellen, und da, wo einst die Gefan-
genen Jsrael's ihre Klagelieder singen mußten und ihre Harfen
schlugen, da sind nur die unvergänglichen Weiden hier und da stehen
geblieben in der Einöde, aber weder eine Trauerstimme noch ein
Freudenlied ertönt.".
Auch unter den Schutthügeln Babylon's hat man in neuerer Zeit
angefangen zu graben, und ebenso wie aus den Trümmern des alten
Ninive, die längst verschütteten Paläste und Denkmäler wieder an das
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Extrahierte Personennamen: Darius_Hystaspes Darius Alexander Alexander
Vii. §. 5. Auflösung bei Zkhustämmereichs durch Assur (720 v. Chr.). 77
gesetzt, weshalb der Herr sie habe in die Hände ihrer Dränger gegeben
und sie unter die Heiden zerstreut. Schon Arnos 6, 14 und Jes.
Io, 5 war hervorgehoben, daß Gott selbst die Assyrer herbeigerufen
habe zur Züchtigung des Reichs Ephraim. Auffallend dabei ist und
wohl zu bemerken, daß gerade der letzte König von Samaria, Hosea,
besser gewesen zu sein scheint als alle seine Vorgänger. Denn bei ihm
allein findet sich der mildernde Zusatz: er that was dem Herrn übel ge-
fiel, doch nicht wie die Könige Israel, die vor ihm gewesen waren.
Wir werden diese Bemerkung noch öfter in der Geschichte machen, daß
gerade die Könige, in deren Regierungszeit die lan.ge drohenden Straf-
gerichte Gottes zum Ausbruch kommen, nicht die schlechtesten sind. Dar-
aus soll aller Welt sichtbar werden, daß Gott nicht eben um der augen-
blicklichen Schlechtigkeit eines einzelnen Königs willen ein Land und
Volk zu Grunde richtet, sondern um der bis an den Rand gehäuften
Schuld des ganzen Landes willen, und daß er die Sünden der Väter
heimsuchet an den Kindern.
Auch unter den in die Gefangenschaft geführten zehn Stämmen
Jsrael's gab es noch fromme Seelen. Das Buch Tobias liefert Zeug-
niß davon. Die wurden alsbald die Prediger der Gerechtigkeit in dem
heidnischen Lande, dahin sie verpflanzt waren, und der Rathschluß Got-
tes, durch das zerstreute und geknechtete Judenvolk mitten in den weiten
Gebieten des heidnischen Weltreichs seinen Namen verkündigen zu
lassen, und sie als ein Salz zu gebrauchen unter dem faulenden Ge-
schlecht der Götzendiener, fing an in Erfüllung zu gehen. Ja im Mit-
telpunkt der ungeheuren Weltmacht (wenn wir der alten Ueberlieserung
folgen) und aus den Gefangenen selbst, stand der gewaltige Bußpredi-
ger und Prophet auf, Nah um, der mit noch feurigerer Zunge als
einst Jonas dem Reiche Assur und der Weltstadt Ninive das Zorn-
gericht Gottes ankündigte, ob all ihres Frevels, Hochmuths und Gott-
losigkeit.
Höchst merkwürdig ist noch, daß obgleich die Gegend, wohin die
zehn Stämme gebracht worden sind (das heutige Curdistan), in 2 Kön.
17, 6 genau genug bezeichnet ist, dennoch die Nachkommen dieser Kin-
der Israel nicht wieder haben aufgefunden werden können, so viel
auch in neuerer Zeit nach ihnen gesucht, und so tief nach Asien
hinein (bis nach China hin) zerstreute Judencolonieen sich vorfinden.
Aber auch hier gilt das Wort: was vor Menschen verborgen ist, ist
vor Gott offenbar. Denn mit der allerbestimmtesten Zusage verheißt
der Herr durch den Propheten Ezechiel 37, 15 ff., daß auch diese
in die assyrische Gefangenschaft abgeführten Kinder Joseph (Ephraim
und Manasse) sammt allen ihren Genossen dereinst wieder zurückgeführt
werden sollen in das Land ihrer Väter und das nach Salomo's Zeit
getrennte Juda und Israel alsdann wieder zusammengefügt sein wird
zu Einem Volk und Reich unter dem einigen ewigen König David.
So wird auch Offb. 7 die Versiegelung aller dann noch auf Erden le-
benden Gottesknechte aus deu zwölf Stämmen ausführlich und unmiß-
verstehbar beschrieben.
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TM Hauptwörter (100): [T26: [Gott Christus Christ Volk Herr Jahr Kirche Land Zeit Jude], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T14: [König Reich Alexander Perser Stadt Sohn Land Cyrus Babylon Syrien]]
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Extrahierte Personennamen: Gott Hosea Tobias Jonas Joseph_(Ephraim David David
Extrahierte Ortsnamen: Assur Samaria Israel Gottes Assur Ninive Gottes Hochmuths Israel Asien China Ezechiel Juda Israel